weil das Leben grauenhaft ist und sowieso alles scheiße

Ich weiß jetzt - nach 23 Jahren - was ich an Menschen überhaupt nicht leiden kann. 

Selbstmitleid. 
Ich hasse es. Ich verabscheue es. Und ich kann nicht mit Menschen reden, die sich dauernd nur Selbst bemitleiden.

Und zwar dauernd. Wegen Allem.
Es ist völlig verständlich, dass man sich Mal selbst bemitleidet. Kennt jeder. Kenn ich auch. Manchmal denkt man sich: wie scheiße etwas ist. Warum musste das jetzt wieder passieren? Schau mich an, ich hab ganz schlimm Schnupfen, ich brauch Mitleid.
Kenn ich. Versteh ich.

Aber dauernd. Ne. Muss ich nicht haben solche Menschen. Und von solchen Menschen halte ich mich fern, was mein gutes Recht ist.
Wer mit solchen Menschen umgehen kann, klar. Ich kann's nicht und ich muss es auch nicht.

Ich war vor einem Jahr bei Bekanntschaft eingeladen. Und das Gespräch ist bis heute in meinem Kopf und löst Unverständnis aus. Dauernd ging es nur:
Die XY hat so viel Geld, die haben es so gut, die machen immer Urlaub, die sind immer unterwegs, die haben ein Riesen Haus...wie gern ich das auch hätte. Wäre so viel leichter. Wir sind ja nicht so aufgewachsen........so ist es halt...naja...*tränen in den Augen*

Ich schau mich um. Ich sehe ein wunderschönes Haus. Hunde. Eine gesunde Familie. Ein Auto. Essen.
Und denk mir HALLO. Habt ihr Mal die Augen aufgemacht?
Wisst ihr. Ich finde Selbstmitleid geht oft mit Undankbarkeit einher. Warum sehen die Leute nicht wie gut sie es haben?
Ich trau mich nie zu weinen, weil ich mir dann so Undankbar vorkomme. Ich lebe in einem Haus. Hab essen, hab Familie.
Klar, ein Haus in Dänemark am Strand wäre schön. Aber ich bin so dankbar überhaupt eines zu haben. Und dann auch noch so ein großes! In dem es an nichts fehlt.

Es liegt bestimmt viel an meiner persönlichen Einstellung, dass ich so etwas als schlecht empfinde. Als undankbar und unangemessen. Deswegen bezieh ich hier jetzt auch alles auf mich. Weil es meine Meinung ist. Mein vergleich, den ich anstelle. Meine Ansicht.


Und jetzt muss ich leider noch eine krasse Ansicht raushauen, die wahrscheinlich wiederum andere als unangebracht empfinden, aber !

Ich rede (natürlich) auch viel mit Menschen, die Behinderungen haben. Die Krankheiten haben. Schicksalsschläge.
Und häufig schreiben mir auch Leute. Und über die meisten Nachrichten freu ich mich natürlich.
Aber oft bekomm ich Nachrichten, da denk ich mir:
Also kein Wunder, dass du damit nicht klar kommst, wenn du es immer zum Mittelpunkt deines Lebens machst.
Das mag zum Großteil daran liegen, dass sich viele Menschen immer dazu berufen fühlen, mitteilen zu müssen, dass ihr Leben viel schlimmer ist. Und vor allem, wenn man selbst im Rollstuhl sitzt oder what ever, fühlen sich die Leute oft genötigt, ihr Leben als "auch schlimm" darzustellen #ichsaßauchmal3WochenimRollstuhl Woran das liegt? Wollt ihr, dass es einem besser geht? I Don't know. Lasst das.
Wenn mir jemand seine Probleme erzählt, bin ich immer zur Stelle. Für meine Freunde bin ich da und och helfe gern. Wenn ich seh, dass ich jemandem helfen könnte und an dem Problem arbeiten: Ich bin da. Ich Versuchs.
Aber ich persönlich sehe es als hoffnungslos an, wenn jemand ankommt und in jedem zweiten Satz schreibt "wegen meiner Behinderung...ich bin behindert...übrigens ich hab Diabetes....ich wurde gemobbt....und wegen meinem Diabetes....und weil ich behindert bin....und es ist so schwer..."

Wie gesagt. Nicht!!! Wenn das nicht dauernd vorkommt. Wenn man sich über seine Behinderung oder seine Depression oder was auch immer austauscht, fallen natürlich mal solche Sätze. Das Leben ist nicht immer einfach. Das Leben ist meistens hart.
 Aber, wenn ihr euch immer nur daran aufgeilt, wie schlecht es euch geht, wie scheiße euer Leben ist, dann natürlich. Glaubt ihr euch irgendwann selbst.
Das ist - wie hoffentlich angekommen - meine persönlichste Meinung. Ein Gedanke den viele vielleicht als kalt empfinden? Als ignorant? Als hätte ich kein Gefühl für andere?
Aber das stimmt nicht. Und das wurde jetzt hoffentlich auch verständlich.

Vielleicht ist es etwas ignorant, von mir auf andere zu schließen.
Nur, weil ich selbst nicht durch die Gegend laufe und in jedem zweiten Satz droppe, dass ich Querschnittsgelähmt bin. Dass ich an Panikattacken und generalisierten Angststörung leide. Mit drei Jahren eine Hirnhautentzündung hatte und was sonst noch bei mir kaputt ist.
Nur weil ich es als unangenehm empfinde und selten vor einer Person allein zugeben würde, dass es mir schlecht geht.
Nur weil ich nicht auf die Idee käme dauernd zusagen, dass mein Leben jetzt scheiße ist. Probleme meistens lieber ignoriere und alles schön rede.
Nur deshalb ist es nicht falsch es anders zu tun.
Und wenn jemand dauernd meckert und sich bemitleidet, bitte.
Aber ich halte mich fern. Und werde auch weiterhin nicht darauf eingehen.
Ich muss mich nicht mit runterziehen lassen.

Ich hab eine Frau im Rollstuhl kennengelernt. Die hat die ganze Zeit von nichts anderem gesprochen, als wie scheiße alles ist. "Es ist so traurig, dass wir nicht mehr laufen können, oder?" "Denkst du nicht auch manchmal daran, einfach allem ein Ende zu setzen?" "Weißt du noch, wie schön es war über Wiesen zu laufen?"
JA! Fuck! JA! ich weiß das, Aber es bringt mir nichts, dauernd darüber zu reden. Mir ist vollkommen klar, dass diese Frau leider starke psychische Probleme hatte. Ich wusste, dass sie in Therapie ist. Und  nie im Leben würde ich das auch nur in kleinster weise nicht respektieren. Oder Depressionen nicht ernst nehmen! Nie!
Aber ich bin nicht die Person, die zuhören muss. Ganz einfach. Ich muss mich nicht mit runter ziehen lassen. Ich bin nicht dafür da, um Personen zu heilen. Das ist nicht meine Berufung. Das nimmt mir Kraft. Das macht mich kaputt und davon darf ich mich Fernhalten, wenn ich sonst keinerlei Kontakt mit der Person hab. (Denkt wieder daran, dass es bei Freunden/Familie etwas komplett anderes ist, bevor ihr jetzt urteilt. Und auch, wenn ich sehe, dass eine Person akut ein Problem hat).
Aber ich darf mich Fernhalten von Personen, die ständig nur das schlechte sehen. Ständig sich beschweren und sich ständig bemitleiden.

Und das wäre meine Nachricht:

Hört auf euch ständig zu bemitleiden. Ihr glaubt euch irgendwann und wenn man ständig nur von dem Schlechten redet, bleibt kein Platz mehr das Gute zu sehen. Seid doch einfach mal dankbar. Ich bin heute unendlich dankbar dafür, dass ich zur Physiotherapie gehen durfte. Dass ich in einem Land lebe, in dem mir das geleistet werden kann.


Und: lasst euch nicht von solchen Personen runterziehen. Viele haben ein schlechtes Gewissen, solche Leute gehen zu lassen. Hab ich auch manchmal. Aber, wenn es einen selbst kaputt macht, darf man das. Man darf sagen: Nein. Erzähl das deinem Therapeuten. Oder mach's wie Amelie: schreib einen Blog und belästige ein paar hundert Menschen (Ihr belästigt euch selbst :P )

Gute Nacht






















Kommentare

  1. Genau so ist es! Ich würde jeden Satz genauso unterschreiben. Zwar sage ich auch, dass ich das typische Helfer-Syndrom habe, aber bei solchen Leuten wie meiner Oma hört's dann auf. Wenn man zu lang in ihrer Nähe ist, fühlt man sich schon selbst depri. Ich habe kein Psychologie studiert. Also habe ich das Recht, hier Grenzen zu setzen. Schließlich muss ich auch auf mich selbst aufpassen.

    AntwortenLöschen
  2. Nach gefühlten 10 Jahren wieder mal ein Post -- aber dafür wenigstens gut. Darüber hast Du zwar gar nicht direkt geschrieben, aber ich habe mich nach der Lektüre gleich mit jemandem versöhnt: Weil mir gekommen ist, was ich doch eigentlich für ein selbstgerechtes Arschloch bin. Also danke und schreib öfter mal, damit ich mir keine Sorgen machen muss...

    AntwortenLöschen
  3. Man muss diesen Menschen auch ins Gesicht sagen, dass es scheiße ist. Zumal sie sich das selbst antun (Dauerndes Selbstmitleid und dauerndes "Mitgefühl" der (zumeist co-abhängigen) Mitmenschen aka Partner verschlimmert es nur noch. Stichwort "Pathologisierung". "Du musst sie/ihn verstehen, schließlich trägt er/sie ein schweres Schicksal blablabla..." So "bedingungslos mitfühlend" bzw co-abhängig war ich auch mal drauf. Bringt nix. Ihre Borderlinestörung verstärkte sich nur dadurch. Resultat: ein Messer aus ihrer Hand in meinen Bauch. Wobei ich mich manchmal frage, ob ich heute nicht zu direkt bin bei Selbstmitleid. Wo ist die Grenze zwischen Motivierenden Arschtritten und "Dr. House"?

    AntwortenLöschen
  4. Hallo schlaue Frau, ich habe mal nach einem Ersatzhoodie gesucht...

    https://www.etsy.com/de/listing/238871404/harvard-hoodie-t-shirt-law-college?gpla=1&gao=1&&utm_source=google&utm_medium=cpc&utm_campaign=shopping_de_de_de_b-clothing-unisex_adult_clothing-other&utm_custom1=ae1acc15-bcdb-41ba-a1a9-d4f19a236d04&utm_content=go_316049689_18221503249_63902868169_pla-106552387475_c__238871404dede&gclid=EAIaIQobChMI8-_yrtL25AIVweAYCh0FiwOuEAkYASABEgJCLPD_BwE

    AntwortenLöschen
  5. Hallo Amelie,

    schön dass du lange nichts mehr geschrieben hast ��

    Viele Menschen sind einfach mit nichts zufrieden. Sie sehen gar
    nicht wie gut es ihnen geht und dass sie alles haben! Auch die Gesundheit ist bei vielen Gesunden kein Grund zufrieden zu sein.
    Komisch, ist aber oft so!


    Mach’s gut und alles Gute
    Xare

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen